2811

2811 Tage war meine Mutter mit vaskulärer Demenz im Heim. Das Jahr 2022 war das Ende eines langen Weg des Abschiednehmens – ein schmerzhafter Prozess, der wenig Kraft übrig ließ.  Das tägliche Leben mit seinen Herausforderungen war zu meistern, mehr nicht. Ich habe mich meistens in mein Schneckenhaus zurückgezogen um wieder aufzutanken. Immer wieder hatte ich den Impuls, einen Post zu machen, aber mein Kopf war leer, am Ende starrte ich Löcher in die Wand und war nicht in der Lage, einen Satz zu formulieren. Am 05. September war ihr Lebensweg zu Ende, ein Segen für sie, sie wog noch knapp 35 Kilo und wollte nichts mehr essen oder trinken, mit dem Reden hörte sie schon 2021 auf. Wenn ich sie besuchte, habe ich ihr Suppe eingeflößt, langsam. Löffel für Löffel, ein Schälchen Suppe eine Stunde. Danach habe ich mich neben ihren abgemagerten Körper gelegt, sie umarmt und ihr all die Lieder vorgesungen, die sie mir als Kind gesungen hat. Am Sonntag, den 04. September war ich bei ihr und sang ihr das Lied vom „Rolandsbogen“, ein altes Volkslied, das wir oft im Kreis der Familie gesungen haben. Wie gesagt, sie hat nicht mehr gesprochen, aber sie hat es an diesem Sonntag versucht, sie erkannte das Lied. Am Montag durfte sie im Kreis der Familie gehen.

Jetzt bin ich Waise und es fühlt sich seltsam an,  diese Realität ist noch nicht bei mir angekommen. Es macht keinen Unterschied, ob man Jahre Zeit hat, sich an den Gedanken zu gewöhnen oder ob ein geliebter Mensch plötzlich verstirbt, der Schmerz ist derselbe. Dieses Gefühl, dass es doch nicht sein kann, dass die Welt sich weiter dreht, dass alles seinen gewohnten Gang geht, obwohl doch das eigene Leben eine Zäsur erlebt, die alles Gewohnte aus der Bahn wirft. Was ist noch wichtig in so einer Zeit? Ich hatte das Gefühl, ich stünde auf einer Klippe und rechts und links von mir versänke alles im Nebel. Langsam arbeite ich mich jetzt zurück, Tag für Tag. Das ist mein erster Post 2022. Im Juni hatte ich 10 jähriges mit dem Blog. Meine Aktivitäten nahmen ab mit weiter fortschreitender Krankheit meiner Mutter und kamen Ende letzten Jahres auf dem Nullpunkt an. Ich habe mich gefragt, was ihr Vermächtnis an mich ist. Es ist die Liebe zur Sprache und zur Musik. Sicher ist es in ihrem Sinne, wenn ich jetzt endlich wieder aktiver werde, mehr schreibe und mehr singe. Welcome back.

der Wald ist weiß

der Wald ist weiß

der Himmel schwer vom Nebel

der Garten stumm

die letzte Rose starr

 

die Stadt ist still

ich folge meinem Atem

hab deinen Duft

noch immer auf der Haut

ich geh wie du

seit tausenden von Jahren

geh mit geschlossnen Augen

suchend durch die Zeit

 

doch spür ich meine Narben

und die Wunden

die alten Wunden tun mir weh

der größte Schmerz ist immer noch

die Lüge

die Lüge die das Recht auf Wahrheit stiehlt

ich halt mein Herz

und  es ist voller Liebe

doch ich bin voller Furcht

auf und davon

 

 

 

Elf Monde

die Tage haben sich zu

Wochen gestapelt zu Monaten

aufgetürmt zwischen uns

liegen die Schichten der Zeit

Schicht um Schicht um

Schicht sah ich dich weniger

sah ich dich

verschwinden

jetzt vergrabe ich meine Sehnsucht

darin und die Erinnerung

 

und doch ist die Spur

die du in mir gegraben hast so

tief dass ich ihr folgen kann

blind und tastend

durch die Schichten der Zeit

zurück in meinen Traum

 

Herbst da draußen

Nebel verschluckt die Straßen
stülpt sich über das Land es
wird Herbst da draußen es
wird kälter da draußen
und in mir

leuchten Teppiche
gewebt aus goldnen Blättern
ich höre
meine Spur und folge ihr
in den kalten Winter

in der Nacht stehe ich
im Nebel und
halte meinen Schmerz
fest halte ihn wie ein Kind
das man trösten muss
so feucht der Nebel Tropfen
sammeln sich im Haar

am seidenen Faden hängt das Jahr
macht Platz den andren Zeiten
und den neuen Hoffnungen

Ich will nicht gehen
nicht durch diese Tür
in dieses Haus nicht
in dieses Zimmer ich leg mich
nicht in dieses Bett ich
fürchte mich vor meinen Träumen
allein mit diesem Schmerz
den ich halten muss wie
ein Kind das getröstet werden will

Schmerz

Diese wunde Stelle in
mir sie schmerzt
wieder und wieder kaum
dass dünner Schorf
sie bedeckt
kommt einer und
reißt sie wieder und wieder auf

ich verlor meine
Sprache suchte das
Wortmeer tauchen wollte ich mich
verlieren in meinen Bildern
und taumelte nur
doch dann
kamst du

Da schrieb der Stift
von ganz allein ich konnte
deine blauen Augen in den Himmel
malen und mein Glück

auch du
hast mir den dünnen Schorf
abgerissen
jetzt halte ich mein Herz
wieder in der Hand und
schaue mich nicht um
nach dir

sprachlos

Wir haben unsere

Sprache verloren

Bruder

die Brücke ist

eingestürzt mutlos stehe ich

an meinem Ufer und betrachte

die Trümmer die unser Wir

begraben

 

Meine Hände wurzeln

in den Taschen ich hole

Spieglein um Spieglein um Spieglein

hervor und frage

war ich denn nicht die Schönste in

deinem Land

 

Da kommt er mein

alter Freund der Schmerz doch ich

schicke ihn weg die Kraft

reicht gerade für den ersten

Schritt auf meinem Weg

 

Ich gehe davon mit

klarem Blick ohne mich

umzudrehen nach dir

Nessun Dorma

alle Türen habe ich

geöffnet  suchte in allen

Zimmern sie ist

verschwunden deine Liebe

hat sich leise

davongeschlichen doch die Nähe

die Nähe

bleibt

und der Schmerz der

Schmerz  der kommt

mit  kalten Wellen in der Nacht

ich friere und ich

schlafe nicht wie

die Prinzessin die drei Rätsel

stellte ihrem Liebsten

Nessun dorma

flüstert der Wind

niemand schlafe

so bleierne Tage

lautloser Regen vor meinem Fenster

geht die Sonne

nicht auf

november rain treibt durch

die bleiernen Tage die Sonne

geht nicht auf

 

wie heißes Wachs auf nackter

Haut  schmerzt jeder Gedanke

an dich dein Gesicht deine

Hände wie heißes Wachs tief

in mir gräbt sich

die Sehnsucht eine Heimat

breitet sich aus legt

eine Klammer um mein Herz

 

so bleierne Tage die Sonne

geht nicht auf

 

Traum III

Wie

kann ich etwas vermissen

was ich nie besaß

nie kannte

es war

ein Traum dieser eine

Traum Tag für Tag und

Nacht für Nacht

immer dieser Traum

von dir

wusste ich nichts und doch

warst du da irgend

wo irgendwo und ich

habe dich nicht gesucht

aber du

hast mich gefunden

Nackt

Jetzt

sperre ich sie

ein tief in mir

die Worte und

auch alles andere

jedes Gefühl verschließe ich

Haltbarkeitsdatum unbekannt

 

Ich frage

mich warum

tut mir das

so weh es sollte

mich nicht erreichen

genau dieses Gefühl sollte sich

fern

von mir halten

genau das wollte ich

nicht

 

keinen Schmerz

keinen

Schmerz

nichts besitzen damit

ich nichts

verlieren kann

 

mir ist kalt ich

habe alles

ausgezogen

alle Gedanken

alle Gefühle

meine Haut hab ich

mir abgezogen

hab keine zweite jetzt

friere ich

Auf der Spur

Gebt mir

einen Platz wo ich

sein kann

ich

sein kann

ein unbekanntes

Land in mir

ist das Geheimnis

versteckt

tief in

meinem Herzen

 

 

Ich folge

dieser Spur dem Schmerz

mein Herz

klopft schneller

wo ist mein

Platz

wo bist du

Bruder

wer

hält mich wenn

ich falle

Black and White

THE CHALLENGE:

Write a one hundred word story that has a beginning, middle and end. (No one will be ostracized for going a few words over the count.) the group is hosted by Rochelle, each week we find an inspiring new photo on her blog: http://rochellewisofffields.wordpress.com

THE KEY:

Make every word count.

To see all the great 100 word stories of the weekly challenge use this link:
http://www.inlinkz.com/wpview.php?id=325879

This time I felt like writing a poem- what an adventure! It is this the kind of lyric I write in German, line breaking, playing around with words – so I hope imploringly I didn´t use any ridiculous or completely wrong phrases – comments and help with the language are welcome, as always! I hope you enjoy my first attempt in poetry here…

dismantled-keyboard

We were the black and

the white

the perfect sound of

our love

a warm coat in

this cold world

 

now the

pain rises

inside of me like

water in a swelling river

and silence

has nested in every

room

 

I believed in

you and me and

in the wonderful structure of verse

and chorus

and bridge of our life

 

Now our love

has fallen

silent the rooms

don´t  breath your perfume

anymore

I see my heart

lying in the dust

there is no beat no

music

nothing to hear

no

love

 

 

Genre: poem

words: 95

what a difference a day makes

the photo of this weeks inspiring prompt comes from Sandra Crook

the photo of this weeks inspiring prompt comes from Sandra Crook

Sitting on the steps of the old amphitheatre, I hummed the melody of the song that marked the beginning of our lovestory. There was no shadow, I could feel the heat on my skin.

„Thank you guys, good job, it will be a fantastic premiere! “

The director was enthusiastic.

“You were all great, just memorize this rehearsal and replay it at 9:00 p.m. tonight!”

Some of them laughed, I watched the group leaving the wooden stage and tried to find out, which of the three women was the one who just ruined my marriage: Bianca, Emilia or Desdemona.

105 words today are looking forward to your helpful comments!

Abgrund

Tom stand an der Klippe und war so fasziniert vom Kampf zweier Möwen dass er Dorotheé nicht kommen hörte.

„Traumabewältigung“ hatte er diese Reise genannt. Dorotheé wollte nie eine Villa mit Pool mieten, aber sie konnte sich wie immer nicht durchsetzen.

„Es gibt eine Poolabdeckung,“ lachte er. „Ich schwimme und decke danach den Pool ab, Ich schwöre!“

Nachdem sie Tammy gefunden hatten, stolperte Dorotheé schreiend durch den Garten, das tote Kind in den Armen.

„Ich wollte nicht zurückkommen,“ flüsterte sie.

Die Möwen flatterten erschrocken auf, als die beiden Körper auf den Strand krachten.

Copyright – E.A. Wicklund

Copyright – E.A. Wicklund

93 Wörter / diese Geschichte habe ich auf Englisch für meine Friday Fictioneers community geschrieben ( es gibt ein Foto als Vorgabe, zu diesem Foto schreibt man eine Geschichte, die nur 100 Worte hat ) – und dann übertragen ins Deutsche, Wider Erwarten habe ich 10 Wörter weniger auf Deutsch. Es ist zum Teil eine wahre Geschichte, die im Ferienhaus neben uns passiert ist und mich nie verlassen hat.

Abyss

Copyright – E.A. Wicklund

Copyright – E.A. Wicklund

ABYSS

Tom stood at the edge of the cliff and was so fascinated by the fight of two seagulls that he didn´t hear Dorothy coming.

“Trauma-overcoming” he had named this journey. Dorothy never wanted to rent a villa with pool, but as always she could not prevail.

“There is a cover for the pool”, he`d laughed, “I`ll swim and then close the cover, I swear!”

After they had found Tammy, Dorothy was stumbling through the garden, carrying the dead child in her arms.

“I didn`t want to come back,” she whispered.

The seagulls fluttered away frightened when the two bodies crashed on the beach.

103 words – and it was hard to get it down to 103!

Part of this story really happened in the villa next to us on Mallorca/Spain few weeks before we where there with our little son. Our landlord told us the mother stumbled through the garden with the child and was not able to accept that her little girl died.So in my head since then is the image of the  mother with the dead child in her arms and it never left me –   this story maybe was also for me a kind of Trauma-overcoming (this word I created because I could not find anything matching)