abc Etüden KW 4/5 2023

Ein neues Jahr, die Etüden nehmen wieder Fahrt auf. Die drei Begriffe, die in dieser Runde in eine Geschichte mit maximal 300 Wörtern untergebracht werden sollen sind: Drache, edel, häkeln. Ich fand, das schreit ja förmlich nach einem Märchen. Wer mich kennt, weiß, dass ich bekennende Märchenliebhaberin bin. Märchen gehen immer gut aus, es sind jede Menge Wunder möglich und Probleme werden auf höchst kreative Weise gelöst. Man sollte mit den Augen eines Kiindes lesen, und nicht hinterfragen, wie das denn möglich sein kann. Je älter ich werde, desto mehr muss ich das üben, das gebe ich offen zu. Aber wenn ich mich darauf einlasse, dann klappt es noch. Wer alle anderen großartigen Geschichten der Etüdenschreiber lesen will, ihr findet sie auf Christianes Blog: Schreibeinladung für die Textwochen 04*05*23 | Wortspende von Irgendwas ist immer | Irgendwas ist immer (wordpress.com)

Hier meine Etüde:

Wer einen Despoten bewzingen will, sollte häkeln können

Es war einmal ein Land, dort regierte ein grausamer König. Er liebte nichts, das schön war, er führte Kriege und verwüstete das Land. Bald gab es nur noch Schlachtfelder, die Menschen wohnten in den Ruinen ihrer Häuser. Auf den Wiesen blühten keine Blumen mehr, die Bäume ragten mit abgebrannten Stämmen in den Himmel. Der Drache, der seit vielen tausend Jahren in den Bergen lebte, beschloss einzugreifen. Er entführte die Königstochter und brachte sie in seine Höhle.  Er hinterließ eine Nachricht für den König. „Wenn du nicht aufhörst, das Land zu zerstören, siehst du dein Kind nicht wieder!“ Doch der König war schon so verblendet und in seiner eigenen grausamen Welt gefangen, dass er nur lachte und Krieger ausschickte, die den Drachen töten sollten. Das Mädchen aber war anders als sein Vater, es war edel und gut. „Du bist ein Drache, du hast doch sicher Zauberkräfte,“ sagte es zum Drachen. Der Drache nickte und schickte zu Bekräftigung eine lodernde Flamme in den Himmel. „Gemeinsam können wir den König besiegen“ sagte das Mädchen, „Wirst du mir helfen?“ Wieder nickte der Drache. „Ich kann Blumen häkeln“, sagte die Königstochter. „Wenn du den Blumen Leben einhauchst, dann fliegen wir damit über das Land und überall, wo die Blumen niederregnen, wird neues Leben erblühen.“ Der Drache sagte, „So sei es“. Bald war die Höhle angefüllt mit bunten Blumen und jede Art vermehrte sich auf wundersame Weise durch den  Zauber des Drachen. Dann kam der Frühling und das Mädchen flog mit dem Drachen über das Land. Überall, wo die Blumen niederfielen, erblühten sie und die Menschen schöpften wieder Hoffnung. Sie schlossen sich zusammen und stürmten die Burg und vertrieben den grausamen König. Die Königstochter kehrte zurück und herrschte weise und gütig über das Land und wenn sie nicht gestorben ist dann lebt sie noch heute…..

Fortsetzung der Geschichte von Theres

Jetzt waren sie auf dem großen Platz angelangt. Es war noch früh am Morgen, aber der Platz war schon gut gefüllt. Die Bauern aus dem Umland verkauften hier ihre Waren, und die Gruppen der Hütekinder aus Tirol, Vorarlberg oder Graubünden standen dicht gedrängt zwischen den Marktständen. Theres sah die drei Kinder der Ganahl Vroni. Mattheis Ganahl war beim Heuziehen verunglückt und jetzt musste die Vroni drei Kinder ins Schwabenland schicken, die kleine Anna war gerade sieben Jahre alt. „Herr Vikar“, sagte sie und zog den jungen Pfarrvikar an der Soutane. „Passen Sie auf, dass die Anna eine gute Stelle bekommt! Sie ist ja noch so klein!“ Der junge Pfarrvikar nickte. „Ich weiß, Theres. Es wird eh nachher noch schwierig, jemanden zu finden, der das Hascherl nimmt.“ Ein Bauer mit einem langen Mantel und einem, mit vielen Silberknöpfen besetzten Wams, blieb vor der Gruppe stehen. „Ich such` eine gute Magd, die auch kochen kann. Wir haben einen großen Hof und drei Knechte, da gibt’s viel zu tun. Du,“ er zeigte auf Theres, „Was verlangst du?“ Theres nahm allen Mut zusammen und sah ihm direkt in die Augen. „Achtzig Mark und doppelt Häs“, sagte sie. Der Bauer lachte sie aus. „Dafür krieg ich ja einen Knecht für den Sommer!“ „Kann schon sein“, sagte Theres, „Aber der Knecht kann dir nichts kochen!“. Der Bauer lachte wieder. „Du gefällst mir!“ sagte er,“ dich kann man sicher auch auf den Markt schicken und du handelst einen guten Preis aus. Wie heißt du denn?“ „Theres Thöni.“ „Also gut, Theres. Ich bin der Aloys Allgaier.  Sagen wir fünfundsiebzig?“ Er hielt Theres die Hand zum Einschlag hin. Sie wartete, bis sie von Johann das Zeichen bekam. Er war um Allgaier herumgeschlichen und hatte geprüft, ob er einen Kreidestrich auf dem Mantel hatte. Das war das Zeichen dafür, dass ein Bauer seine Leute schlecht behandelte. Die Erfahrenen unter den Schwabenkindern machten den schlechten Herren einen Kreidestrich auf Mantel oder Joppe, um die anderen zu warnen. Johann war wieder neben sie getreten. „Nichts“, flüsterte er und nickte Theres zu. „Also gut“, sagte sie und schlug ein. „Herr Vikar!“ sie rief nach dem Vikar, der den Namen und die Adresse sowie den ausgehandelten Lohn in das schmale Buch eintrug. Seit der „Hütekinderverein“ die Bauern kontrollierte, kam es kaum mehr vor, dass ein Kind zu wenig zu essen bekam oder um seinen Lohn betrogen wurde. 

„Aloys Allgaier“,  sagte der Bauer, „ vom Allgaierhof in Baienfurt“, fügte er stolz hinzu.

Johann trat nach vorne. „Braucht ihr auch einen Knecht?“ fragte er. Aloys Allgaier musterte ihn. Johann war groß und man sah, dass er seit Jahren schwere körperliche Arbeit verrichtete. Er wär wohl hundert Mark wert, dachte Aloys. Aber mehr als achtzig zahl` ich ihm nicht. „Ich zahl dir achtzig Mark und doppelt Häs`“, sagte er und sah Johann an. Der Vikar hatte die letzten Worte gehört und kam dazu. „Der Johann ist mehr wert“, griff er ein. „Ihr müsst ihm hundert Mark zahlen, er ist ja schon ein ausgewachsener Mann!“. „Achtzig und dabei bleibt´s !“, sagte Aloys Allgaier und wollte sich schon umwenden. Johann trat im ihn den Weg und hielt ihm die rechte Hand hin. „Es gilt“, sagte er und Allgaier schlug ein. „Und wie heißt du?“ „Johann Brenner, aus Mariaberg.“ „Also Herr Vikar, dann schreiben sie den Johann Brenner auch noch für mich auf“, sagte Allgaier zum Vikar. Der schüttelte nur mit dem Kopf, als den Lohn für Johann eintrug. Was war bloß in den Buben gefahren? Die Brenners brauchten doch auch jeden Kreuzer! Es sah auf und beobachtete, wie Johann Theres ansah. Daher weht der Wind, dachte er. Gebe Gott, dass da nicht ein sündiges Kind draus wurde. Er bekreuzigte sich und wandte sich wieder seinen anderen Schützlingen zu.

Aloys Allgaier ging mit Theres und Johann zur `Krone`, wo sein Pferdegespann angebunden war. „Jetzt essen wir erst einmal eine Suppe in der Krone, bis wir daheim sind dauerts ja auch noch.“ Sie betraten den großen rauchgeschwängerten Gastraum und Allgaier setzte sich zu zwei Bauern an den Tisch, die er kannte. „Setzt euch da auf die Bank, die Resi bringt euch dann was zu essen.“ Er zeigte auf eine Bank mit einem kleinen Tisch davor und rief der Wirtin. „Resi! Bring meinen Tirolern eine Suppe und mir ein Gselchtes mit Kraut!“Kurze Zeit später standen zwei bis an den Rand gefüllte Teller mit Kartoffelsuppe vor Theres und Johann und eine dicke Scheibe Brot gab es auch noch dazu. Theres und Johann sahen sich an.  Sie mussten nichts sagen und wussten doch, dass sie beide dasselbe dachten. Wir haben es gut erwischt. Sie bekreuzigten sich und begannen dann zu essen. Als sie später auf der Pritsche von Allgaiers Pferdegespann saßen und die sanfte Allgäuer Landschaft an ihnen vorbeizog, fragte Theres „Warum hast du denn die Arbeit ang`nommen, wo du doch zu wenig Lohn bekommst?“ Johann sah auf seine Schuhe. Sollte er die Wahrheit sagen? Wie würde Theres darauf reagieren? Er nahm allen Mut zusammen. „S`ist wegen dir, Theres. Ich wollt´ bei dir bleiben!“ Theres sah ihn überrascht an. „Aber –“ sie fing den Satz an und er blieb in der Luft stehen. Sie nahm Johanns Hand. „Dann freuts mich, dass du da bist, wo ich bin. Wer weiß, wofür´s gut ist.“ Sie drückte seine Hand noch einmal und ließ sie dann los.„Wir sind bald da“ rief der alte Allgaier vom Kutschbock aus. „Das ist schon alles mein Grund und Boden!“ fügte er mit Stolz in der Stimme hinzu.

mein zweites Projekt…noch nichts überarbeitet, soll eine Familiengeschichte über drei Generationen werden. Es beginnt mit Theres. Arbeitstitel:

Schnee fällt ins Herz

Theres 1896

Schwabenkinder nannte man die Kinder armer Bergbauern, die im März ins Allgäu zogen um dort im Sommer auf den Bauernhöfen zu arbeiten. Ein Esser weniger am Tisch war für die Eltern daheim eine Hilfe, und der Lohn war zumindest ein `zweifach Häs`, eine zweifache Ausstattung an Kleidung und Schuhen, und ein paar Mark. Theres war zwölf Jahre alt, als sie zum ersten Mal in Ravensburg auf dem Hütekindermarkt neben einigen hundert anderen Kindern stand.

Jetzt ist sie sechzehn und gehört schon zu den Großen, die wissen, was auf sie zukommt. In den Jahren davor hatte der alte Pfarrer die Kinder nach Ravensburg begleitet, dieses Jahr hatte er die Aufgabe seinem Vikar übergeben. Säuberlich hatte dieser die Namen aller Kinder in ein schmales Heft eingetragen und prüfte jetzt, ob auch alle da waren. Fünfunddreißig waren es dieses Jahr, die Kleinste war erst sieben Jahre alt. Theres und Johann mit ihren sechzehn Jahren waren schon seit fünf Jahren dabei, sie kannten sich aus und würden für sich selbst sprechen können. Die Kleinen für einen anständigen Lohn zu vermitteln, würde sicher nicht einfach werden.

„Wenigstens seht ihr nicht so geschunden aus nach der Wanderung wie die Kinder früher,“ sagte der Vikar zu der Gruppe, die ihn umringte. „Seit der Verein die Zugfahrt nach Bregenz bezahlt, müssen wir nicht mehr über den Pass, dem Herr sei´s gedankt.“ Theres und Johann sahen sich an. Sie erinnerten sich gut an ihre allererste Wanderung nach Oberschwaben. Es war nicht ungewöhnlich, dass der Arlbergpass im März noch mit Schnee bedeckt war. „Meine Schuhe haben den Pass damals nicht überlebt.“ Johann dachte mit Schaudern daran. Theres nickte. „Das ist vorbei,“ sagte sie.“ Und die Schwabengängerei ist für mich auch vorbei, nächstes Jahr geh ich nach Landeck in die Textilfabrik.“ Johann sah sie an. „Du willst in die Fabrik? Weg von Mariaberg?“ „Ja,“ sagte Theres und hob dabei ihr Kinn an, als wollte sie mit dieser Geste ihrem Ja Nachdruck verleihen. „Überall ist es besser für mich als in Mariaberg.“ Theres zog ihre schäbige Strickjacke, die Löcher an den Ellbogen hatte, über der Brust zusammen. Ihre langen dunklen Zöpfe hatte sie zu einem Kranz um den Kopf gewunden, die großen blauen Augen wechselten die Farbe mit dem Licht, jetzt waren sie dunkel wie die Veilchen, die sie auf dem Weg hierher an den Wegrändern gesehen hatten. Sie ist das schönste Mädchen von Mariaberg, dachte Johann, ach was, von ganz Tirol! Die Stimme des Vikars riss ihn aus seinen Gedanken.

„Johann, Theres, ihr könnt ja schon für euch selber sprechen. Letztes Jahr hat der Johann zweifach Häs und 80 Mark bekommen, dann kannst du dieses Jahr ruhig mit 100 anfangen. Du bist ja jetzt groß wie ein ausgewachsener Mann und schaffst wie ein Knecht, dann sollen sie dich auch so bezahlen!“ Johann stieg die Röte ins Gesicht. Der Vikar hatte ihn als Mann bezeichnet und Theres hatte es gehört! Er sah Theres verstohlen an, aber sie zeigte keine Reaktion. Der Vikar wandte sich an Theres. „Bei dir waren es zweifach Häs und sechzig Mark. Also verlang ruhig siebzig, gehandelt wird ja allemal.“ Theres nickte. Sie würde sich nicht mit einem Almosen abspeisen lassen, aber sie würde auch nicht mit jedem Bauern nur für gutes Geld mitgehen. Letztes Jahr hatte sie kein Glück gehabt, der Bauer, der sie auf dem Markt gesteigert hatte, war nett gewesen, aber die Bäuerin war eine bitterböse Frau. Alle mussten vor ihr kuschen, auch der Bauer. Mehr als einmal hatte die Bäuerin sie „Sautirolerin“ genannt. „Trag den Kopf net so hoch“, hatte sie gekeift, „Hochmut kommt vor dem Fall, und du wirst noch tief fallen!“ Aber was blieb einem denn außer dem eigenen Stolz, wenn man sich hier auf dem Markt anbieten musste wie ein Stück Vieh? dachte Theres verbittert. Als sie kleiner war, hatte sie dafür kein Bewusstsein, da ging es nur darum, einen guten Platz zu finden, wo es genug zum Beißen und keine Schläge gab. Jetzt wollte sie so viel Profit wie möglich aus ihrer Arbeitskraft herausschlagen. „Ich werde achtzig Mark verlangen“, sagte sie selbstbewusst und Johann sah sie bewundernd an. Die Theres wird es noch weit bringen, dachte er. Kein Wunder, dass sie nicht im Mariaberg bleiben will.

3. Januar 2023

das neue Jahr

in der ersten Sonne schnuppern

trügerisch mag sein

ist diese Frühlingsluft

der nächste Winter mag er

kommen heute

trägt mich der blaue

Himmel

Zeitmärchen 2023

Die Zeit drehte sich immer langsamer, sie spürte den Wechsel nahen. Das Jahr 2022 war alt geworden, die Zeit sah, wie es mit letzter Kraft den Weg zu ihrem Feuer ging. “ Bald hast du es geschafft, “ flüsterte sie ihm zu. 2022 richtete sich mühsam auf. “ Niemand wird mich vermissen“, schniefte es. „Es geht mir wie 2020 und 2021, die Menschen sind enttäuscht und finden, ich war ein miserables Jahr.“ Die Zeit wiegte sich leicht im Takt. „Mach dir nichts daraus, 2022. Die Menschen sind ein kleiner Wimpernschlag in den Äonen, die ich gesehen habe. Du hast deine Arbeit getan, ein neues Jahr wird aus der Asche steigen und neue Hoffnung bringen.“ Sie lächelte 2022 an. „Leg dich hin und ruh dich aus, die Stunde ist nah.“ 2022 legte sich nah an das Feuer, das höher und höher stieg und mit seinen heißen Fingern nach ihm griff. Die Zeit blies in die Flammen, sie loderten auf und 2022 war verschwunden. Dann erlosch das Feuer, ein neues Jahr kroch aus der Asche und die Zeit drückte ihm einen Kuss auf die Stirn. „Du sollst 2023 heißen und die Hoffnungen der Menschen tragen bis deine Stunde gekommen ist.“ Das junge Jahr lächelte und machte ein paar unsichere Schritte auf die Zeit zu. „Geh nun und wachse, bring Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Und dann kehre zurück zu mir und mach Platz für ein neues Jahr,“ sagte sie und schob das junge Jahr sanft von sich. Dann drehte sie sich und die Minuten wirbelten aus ihr heraus. Schneller und schneller drehte sie sich im Takt der Herzen, die in diesem Moment hoffnungsvoll das neue Jahr begrüßten. Ta-tamm-ta- tamm-ta-tamm……

Ich wünsche Euch ein neues Jahr, das die eine oder andere Hoffnung für Euch wahr werden lässt, den einen oder anderen Wunsch erfüllt…wie vermutlich alle wünsche ich mir nur eines für die Welt: Frieden.

Die Idee für das „Zeitmärchen“ ist, wie könnte es anders sein, aus einer Etüde entstanden:

https://wortwabe.wordpress.com/2019/01/07/maerchenzeit-zeitmaerchen/

https://wortwabe.wordpress.com/2020/12/31/bedenke-wohl-was-du-dir-wunscht-es-konnte-dir-gewahrt-werden/

eine „alte“ Etüde aus dem Jahr 2017

fiel mir heute ein…damals gab es die Advemtüden noch nicht…es war die KW48 und die Wörter waren von Myriade Flussbett, lamgwierig, klöppeln.

Ich finde, die kleine Geschichte passt wunderbar in die Zeit!

Schwarze Nacht

Der Schlitten raste neben dem Flussbett entlang.

Die Nacht war so schwarz, dass die Tannen sich kaum vom Horizont abhoben.

Alles schien in einem dunklen Nebel zu versinken und jeder schickte ein Stoßgebet zum Himmel, in der Hoffnung, der Mond möge endlich die Wolken durchdringen und sein kaltes Licht auf die Erde  schicken.

Das Ausarbeiten der Route war derartig langwierig gewesen, dass Frau Claus behauptet hatte, sie hätte in derselben Zeit ein Spitzendeckchen klöppeln können.

Aber es war nun einmal wie es war, sie konnten jetzt eben nur an Flüssen und großen Straßen entlang reisen,  sonst wären sie völlig verloren gewesen.

In kleine Seitenstraßen abzubiegen war  jedoch nicht zu vermeiden, und es grenzte jedes Mal an ein Wunder, wenn sie dann doch wieder auf der Hauptroute landeten und das nächste Ziel ansteuern konnten.

Der kranke Rudolf hatte dieses Jahr alles durcheinander gebracht.

Ohne das Licht seiner Nase den Weg zu finden war so irrsinnig anstrengend für alle Beteiligten, dass Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donner und Blitzen beschlossen, Santa Claus endlich ein Navigationsgerät zu Weihnachten zu schenken.

06.12. – Der Einbrecher | Adventüden

Im Rahmen unserer ABC Etüden Schreibgruppe gibt es seit Jahren auf Initiative von Christiane von 365tageasatzaday.wordpress.com einen Adventskalender mit „Adventüden“. Der heutige Beitrag ist von mir, alle anderen lesenswerten Beiträge findet ihr auf Christianes Blog!

Irgendwas ist immer

Kommissar Sturz setzte sich.

»Sie wissen, warum Sie hier sind?«, fragte er den alten Mann im Verhörzimmer. Dieser zog ein großes, weiß-rot kariertes Taschentuch aus seiner Hosentasche und schnäuzte sich lautstark. Dann schüttelte er den Kopf.

»Sie sind ein rechter Tunichtgut«, sagte Sturz. Er stutzte, kratzte sich am Kopf und fragte sich, warum er so freundlich mit diesem alten Trottel sprach. Irgendetwas hat der an sich, was mir total den Kopf verdreht, dachte er.

Er wandte sich wieder an den alten Mann. »Sie wurden aufgegriffen, als Sie in ein Haus einbrechen wollten. Wollen Sie sich dazu äußern?«

Der alte Mann holte aus seiner Jackentasche ein Bündel Lametta hervor, reichte es Sturz über den Tisch und nickte ihm aufmunternd zu. Der Kommissar wollte vor Wut aufspringen, stattdessen lächelte er und bedankte sich höflich. Was ist nur los mit mir, fragte er sich wieder, aber kam nicht zum Nachdenken, denn die…

Ursprünglichen Post anzeigen 237 weitere Wörter

Schätze

Seit Wochen stehe ich Tag für Tag knietief in Erinnerungen – meine Schwester und ich müssen das Haus meiner Eltern leeräumen.Wenn ich nach drei, vier Stunden heimkomme, habe ich Schwierigkeiten, wieder in der Realität anzukommen. Es ist emotional ziemlich anstrengend, doch immer wieder finden wir Schätze, von denen wir nichts wussten. So zum Beispiel das Testament meines Ur-Urgroßvaters aus dem Jahr 1915. Er war von Beruf Wagner, ein Beruf, den man heutzutage nicht mehr braucht. Neben seinem Barvermögen, das nicht unbeträchtlich war, hat er auch verfügt, wer seinen schwazen Anzug bekommen sollte und seine Winterstiefel. Ebenso wurde ein Schubkarren und eine Kommode verteilt. So wertvoll war der Anzug, dass er im Testament erwähnt wurde. Das hat mich wirklich berührt. Heute ist Kleidung ein Wegwerfartikel. Ich war ja selbst lange genug in der Textilbranche und habe den Irrsinn erlebt. Von zwei Saisons, Sommer und Winter, ging es auf sechs Saisons und dann irgendwann auf zwölf. Jeden Monat eine neue Kollektion, mittlerweile dreht sich das Rad immer schneller, Fast Fashion. Wir brauchen nichts und sollen doch immer mehr kaufen. Es ist gut, dass der Trend zum Secondhand, Upcycling oder auch Tauschen immer stärker wird. Dingen wieder Wert verleihen, Lieblibngsstücke schätzen und lange Freude daran haben. Aus allen Ecken tönt es heute „Nachhaltigkeit“, als ob das eine neue Erfindung wäre. Unsere Ahnen waren nachhaltig, vielleicht nicht immer aus Überzeugung sondern oft auch aus der Not, aber sicher haben sie Dinge mehr wertgeschätzt.

Aus der Originalabschrift, die mein Urgroßvater 1917 per Einschreiben zugestellt belkam:

Ungeschick, höre auf – und willst du nicht aufhören, so mache wenigstens eine Pause!

Diesen Spruch habe ich vor vielen vielen Jahren mal in einem Märchen aus 1001 Nacht gefunden. Seither kommt er immer mal wieder zum Einsatz. Es ist ja doch auch so, geht die Waschmaschine kaputt, folgt bald darauf der Trockner oder ein anderes elektrisches Gerät.

Den Anfang machte die Tatsache, dass ich, vermutlich in einem Anflug geistiger Umnachtung und ohne es bewusst zu registrieren, was ich da gemacht habe, offenbar auf Windows 11 upgedatet habe. Was ich auch nicht wusste: die Anmeldung auf dem Laptop funktioniert dann nicht mehr wie gewohnt, man braucht ein neues Passwort. Ich konnte also mein eigenes Gerät nicht öffnen und musste erstmal recherchieren, was da los ist. Irgendwo habe ich die Info gefunden, dass man ein neues Passwort braucht. Sicher gibt es jetzt jede Menge Leute, die die Augen verdrehen nach dem Motto, „das weiß man doch!“ – ich wusste es nicht und bin voll in die Falle getappt.

Kurz darauf machte mein Laptop keinen Mucks mehr und schuld war der interne Akku. Also auf zum PC Helfer meines Vertrauens, der auch schnell den Fehler gefunden hatte. Er musste den Akku neu bestellen und ich konnte in der Zwischenzeit nur mit Netzteil arbeiten. Was für ein Geeier! Hatte das Laptop genauso wenig Spass an Windows 11 wie ich und das war eine Art Protestreaktion? Auch Dinge haben Seelen…

Aber wer jetzt glaubt, das wäre es gewesen, irrt sich. Das nächste war ein Zimmerbrand, an dem ich nicht ganz unschuldig war. Aber meine Dussligkeit war wirklich der Trauer um meine Mama geschuldet und daraus resultierender allgemeiner Verwirrung. Am Ende hatte ich sämtliche Schutzengel auf meiner Seite, außer einem eimergroßen Brandloch in meinem Eicheparkett ist nichts passiert. Der Brandgeruch hielt sich ewig, meine Duft-Lampe war im Dauereinsatz.

Und nein, es war nicht das Ende. Im Anschluss daran war das Fallrohr von Küche und gegenüberliegendem Hauswirtschaftsraum verstopft. Trotz aller Anstrengungen haben wir es nicht alleine geschafft, die Verstopfung zu lösen. Also musste ein Rohrreiniger her, der dann auch nach einer knappen Woche endlich kam und etwa sechs Meter durch das Rohr fräste….

Ich fand ja schon immer, dass November der schlimmste Monat des Jahres ist. Der November 2022 hat sich selbst übertroffen in Widerwärtigkeit. Ich bin der Meinung, jetzt reicht es. Siehe oben, Ungeschick höre auf, und willst du nicht aufhören. so mache wenigstens eine Pause!

abc Etüden KW38/39.22

Worum geht`s? Eine Wortspende, für diese Etappe „Regentonne, sensibel, schwanken“ soll in eine Geschichte mit maximal 300 Wörtern verpackt werden. Gehostet wird die Gruppe von Christiane auf ihrem Blog https://365tageasatzaday.wordpress.com/2022/09/18/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-38-39-22-wortspende-von-nellindreams/

hier findet ihr auch alle anderen wunderbaren Geschichten der EtüdenschreiberInnen.

Herr Krüger

Ist es verwerflich, wenn ich mir vorstelle, dass ich Herrn Krüger am liebsten in der Regentonne ertränken würde? Vermutlich ja. Wobei ja angeblich die Gedanken frei sind. Solange ich also diese Szenarien niemandem auf die Nase binde, kann ich vordergründig immer noch als moralisch einwandfreie Mitbürgerin auftreten. Das würde auch absolut den Tatsachen entsprechen, denn ich parke nicht einmal falsch oder fahre mit erhöhtem Tempo durch Ortschaften. Ich bin linientreuer als ein Volkspolizist. Wieviel kriminelle Energie in mir steckt, das weiß nur ich ganz allein. In Gedanken habe ich Herrn Krüger bereits mehrfach vom Leben zum Tode befördert. Er wurde bereits erschlagen, hinterrücks erstochen und jetzt auch ertränkt. Herr Krüger ist das einzige Lebewesen auf diesem Planeten, das es schafft, mich in Sekundenbruchteilen an den Rand meiner Belastbarkeit zu bringen. Es ist nicht so, dass ich zu sensibel wäre. Ich würde sagen, ich bin neudeutsch taff, so schnell bringt mich nichts ins Schwanken. Aber Herr Krüger und seine ganze Sippe werden mich irgendwann ins Grab befördern, ein Herzinfarkt vermute ich. Deshalb habe ich mich entschieden, es jetzt zu Ende zu bringen. Zumindest den alten Krüger werde ich beseitigen. Heute ist der Tag, ich bin bereit. Seit Stunden liege ich auf der Lauer, wenn er sich zeigt, dann erledige ich ihn mit dem Staubsauger und es ist mir egal, dass er schon so lange mit mir unter einem Dach wohnt. Meine Freunde sind der Meinung, ich sollte mich doch mittlerweile an ihn gewöhnt haben, wenn ich ihn doch sogar schon Herr Krüger nenne. Aber ich werde mich nie daran gewöhnen, beim Lesen aus dem Augenwinkel einen Schatten vorbeihuschen zu sehen, der mindestens handtellergroß ist und mich in Panik versetzt. Jetzt ist Schluss. Herr Krüger muss sterben. Ich hasse Spinnen.

2811

2811 Tage war meine Mutter mit vaskulärer Demenz im Heim. Das Jahr 2022 war das Ende eines langen Weg des Abschiednehmens – ein schmerzhafter Prozess, der wenig Kraft übrig ließ.  Das tägliche Leben mit seinen Herausforderungen war zu meistern, mehr nicht. Ich habe mich meistens in mein Schneckenhaus zurückgezogen um wieder aufzutanken. Immer wieder hatte ich den Impuls, einen Post zu machen, aber mein Kopf war leer, am Ende starrte ich Löcher in die Wand und war nicht in der Lage, einen Satz zu formulieren. Am 05. September war ihr Lebensweg zu Ende, ein Segen für sie, sie wog noch knapp 35 Kilo und wollte nichts mehr essen oder trinken, mit dem Reden hörte sie schon 2021 auf. Wenn ich sie besuchte, habe ich ihr Suppe eingeflößt, langsam. Löffel für Löffel, ein Schälchen Suppe eine Stunde. Danach habe ich mich neben ihren abgemagerten Körper gelegt, sie umarmt und ihr all die Lieder vorgesungen, die sie mir als Kind gesungen hat. Am Sonntag, den 04. September war ich bei ihr und sang ihr das Lied vom „Rolandsbogen“, ein altes Volkslied, das wir oft im Kreis der Familie gesungen haben. Wie gesagt, sie hat nicht mehr gesprochen, aber sie hat es an diesem Sonntag versucht, sie erkannte das Lied. Am Montag durfte sie im Kreis der Familie gehen.

Jetzt bin ich Waise und es fühlt sich seltsam an,  diese Realität ist noch nicht bei mir angekommen. Es macht keinen Unterschied, ob man Jahre Zeit hat, sich an den Gedanken zu gewöhnen oder ob ein geliebter Mensch plötzlich verstirbt, der Schmerz ist derselbe. Dieses Gefühl, dass es doch nicht sein kann, dass die Welt sich weiter dreht, dass alles seinen gewohnten Gang geht, obwohl doch das eigene Leben eine Zäsur erlebt, die alles Gewohnte aus der Bahn wirft. Was ist noch wichtig in so einer Zeit? Ich hatte das Gefühl, ich stünde auf einer Klippe und rechts und links von mir versänke alles im Nebel. Langsam arbeite ich mich jetzt zurück, Tag für Tag. Das ist mein erster Post 2022. Im Juni hatte ich 10 jähriges mit dem Blog. Meine Aktivitäten nahmen ab mit weiter fortschreitender Krankheit meiner Mutter und kamen Ende letzten Jahres auf dem Nullpunkt an. Ich habe mich gefragt, was ihr Vermächtnis an mich ist. Es ist die Liebe zur Sprache und zur Musik. Sicher ist es in ihrem Sinne, wenn ich jetzt endlich wieder aktiver werde, mehr schreibe und mehr singe. Welcome back.

abc Etüden Woche 46/47 . 2021

abc.etüden 2021 46+47 | 365tageasatzaday
Die Wörter für die Textwochen 46/47 des Schreibjahres 2021 stiftete Heidi mit ihrem Blog Erinnerungswerkstatt. Sie lauten:
Museum
biografisch
erinnern.

auf Christianes Blog https://365tageasatzaday.wordpress.com/2021/11/14/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-46-47-21-wortspende-von-erinnerungswerkstatt/ findet ihr die Schreibeinladung für die letzte reguläre Etüde 2021. So kurz vor dem Jahresende springe ich nochmal auf den Etüdenzug auf.

To fade away

Vielleicht wird sich niemand an mich erinnern. Ich habe nichts hervorgebracht, das es wert wäre, in einem Museum ausgestellt zu werden. Ich kann also einfach verschwinden. Das Englische hat einen viel passenderen Begriff, to fade away. So fühle ich mich. Als würde ich langsam verschwinden, mich in Luft auflösen wie eine Rauchfahne, verpuffen, verblassen. Ein Regenbogen, der strahlt und dann, einen Wimpernschlag später, nicht mehr zu sehen ist. Wann fing es an? Habe ich es denn nicht bemerkt`? Nein, ich gestehe, ich habe die Zeichen nicht erkannt, das Flackern, Jetzt, da ich es nicht mehr ignorieren kann, ist es zu spät. Meine Aufzeichnungen waren biografisch, aber ich habe nichts aufgeschrieben, viel zu mühsam. Ich habe gesprochen, mit mir selbst, ein endloser Monolog, über Monate. Auch das ist verschwunden. Nichts, wirklich nichts, wird von mir bleiben. Ich habe keine Freunde mehr, dabei habe ich doch nichts getan! Ich kann nichts dafür – aber ich hätte besser aufpassen sollen. Vielleicht hätte ich es verhindern können. Joachim Ringelnatz sagt in einem Gedicht Ich habe dir nichts getan – jetzt ist mir traurig zumut Mehr gibt es nicht zu sagen. Auch das Nichtstun kann Folgen haben. Keine Nachricht wird meine Freunde erreichen, ich werde sie auch nicht mehr anrufen können. Jede wahre Katastrophe kommt am Wochenende. Der Ausfall der Heizung, die kaputte Waschmaschine, der Wasserrohrbruch. Nie im Leben würde sich so etwas an einem ganz normalen Mittwoch ereignen, also zumindest nicht in meinem Leben. Die Waschmaschine schleudert nicht mehr, die Wäsche schwimmt in der Trommel, die Tür lässt sich nicht öffnen – so etwas passiert am Sonntag. Die Küche steht unter Wasser? Samstagfrüh. Und genauso ist es jetzt auch. Es ist Sonntag und mein Handy ist tot. Keine Kontakte, keine Nachrichten,  niemand, den ich anrufen kann. Ich bin völlig verloren. Und es gibt kein Backup.

Aus gegebenem Anlass….meine Handy hatte monatelang einen flackernden Rand. Habe ich ignoriert. Und dann war es tot. Mein Impfzertigikat auf der Covpassapp war somit auch weg. Und dann habe ich meinen Impfpass nicht mehr gefunden. Und das Impfzertiikat zum Einscannen auch nicht. Herzlich willkomnen im falschen Film. Das Beste ist, wenn man sowas in einer augenzwinkernden Etüde abarbeiten kann. Das Telefon ist repariert und der Impfpass war ordentlich abgelegt – im falschen Ordner.

ABC-ETÜDENTextwochen 40.41.21

heute sprudelts…nachdem ich mit Christiane heute über das mitzunehmende Gepäck für unsere Weltraumtour philosophiert habe, fiel mir eine Geschichte aus einem Schwedenurlaub mit meiner Freundin aus Düsseldorf wieder ein. Um beim Flug Geld zu sparen, hatten wir sehr wenig Gepäck dabei. Unter anderem mussten wir mit der Urlaubslektüre haushalten. Der Versuch, die Wortspende der Etüdenwoche in den Text einzubauen, hat geklappt, deshalb ist das meine zweite Etüde!

abc.etüden 2021 40+41 | 365tageasatzaday

Urlaubslektüre

Sperriges Gepäck war auf unserer gemeinsamen Schwedenreise nicht zu erwarten. Schwieriger war, eine Schulferienüberschneidung zwischen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zu finden, es gab ein Zeitfenster von nur acht Tagen. Es war also klar, dass wir mit dem Flugzeug anreisen würden, denn für eine Woche lohnte sich die lange Fahrt mit dem Auto nicht. Das Ziel war Südschweden, das Land von Pippi Langstrumpf. Unseren Kindern mussten wir nicht erst suggerieren, dass dieses Ziel super war, die Aussicht, einen echten Elch zu sehen reichte. Der Flug war preiswert, aber nur wenn man ausschließlich Handgepäck dabei hatte, für den Rest musste man bezahlen. Also hatten wir zu fünft nur zwei Koffer. Das bedeutete für jede nur ein Buch, wir lesen und dann wird getauscht. Wir entpuppten uns als wahre Geheimkünstler, keine verriet ihren Titel . Irgendwann lagen wir einträchtig nebeneinander im Sand auf Öland mit unserem jeweils mitgebrachten Buch und plötzlich hörte ich Schniefen neben mir. Weinst du?!? Fragte ich irritiert. Gaby schluchzte. Ja! Das ist so traurig grade! Ich hingegen hatte typische Urlaubslektüre dabei, ein sehr witziger Roman, der in Stuttgart spielt.  Aus dem Grund lachte ich immer mal wieder laut heraus. Wie zu erwarten war, wendete sich das Blatt nach dem Büchertausch. Jetzt heulte ich. In meinem Buch gab es eine Figur , die in den Dialogen schwäbisch sprach. Schwäbisch zu lesen ist vielleicht noch schwieriger für Nichtschwaben als es zu verstehen. Gaby fragte irgendwann: „Sag mal, was heißt o-ge-sa?“ „What??? Zeig mal, das muss ich im Zusammenhang sehen.“ Die Tante fragt die Nichte: „kommsch du gessa oder ogessa?“ Eine typische Frage, heißt so viel wie „hast du schon gegessen wenn du kommst?“ Ausdruck des schwäbischen Pragmatismus. Warum soll ich kochen, wenn mein Besuch schon gegessen hat? Seit diesem Urlaub unser Running Gag, wenn wir uns gegenseitig besuchen. I komm gessa!

ABC-ETÜDENTextwochen 40.41.21 | Wortspende von umgeBUCHt

Der Herbst hat uns im Griff, keine Frage, ich muss endgültig einsehen, dass der eh nicht richtig präsente Sommer sich verzogen hat. Da träume ich mich lieber sonstwohin… zum Beispiel mit einer Etüde zur neuen Schreibeinladung von Christiane: https://365tageasatzaday.wordpress.com/2021/10/03/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-40-41-21-wortspende-von-umgebucht/ Wie immer gilt es, die drei Wörter der Wortspende in einem Text mit maximal 300 Wörtern unterzubringen. Diese Woche kommt die Spende von Yvonne von https://umgebucht.wordpress.com/.

abc.etüden 2021 40+41 | 365tageasatzaday

Hier meine Etüde:

Ich bin dann mal weg

Ich habe also ein Date. In Baikonur. Am Weltraumbahnhof, mit Christiane und Myriade. Wir wollen alle weg, aus den unterschiedlichsten Motiven. Die beiden sind echte Geheimniskünstler, sie haben mir nicht verraten, warum. Im Prinzip ist es ja auch egal, aus welchen Gründen man ein gemeinsames Ziel ansteuert, oder? Baikonur liegt in Kasachstan, das macht die Sache kompliziert, aber da das Datum unserer Verabredung noch offen ist, hoffe ich mal, dass es dann einen Direktzug von Stuttgart nach Baikonur gibt, ich hasse es, mit Koffern umzusteigen. Wobei ich befürchte, dass sperriges Gepäck eh nicht erlaubt ist, wenn man sich in den Weltraum aufmacht. Vermutlich muss ich meine zwanzig Fotoalben und das Familiensilber zuhause lassen. Umsteigen wäre also nicht weiter tragisch, so ganz ohne Gepäck. Ob Christiane wohl Rilkes gesammelte Werke mitnimmt? Das wäre sicher ein Trost auf dem langen Flug wohin auch immer. Wir haben ja eine Komfortkabine gebucht in einem der noch nicht gebauten, Co2 neutralen Luxusraumschiffe. Ich versuche mir ständig zu suggerieren, dass ich keine Angst habe, weder vor dem Flug noch vor der Tatsache, dass ich noch nicht recht weiß, wie ich das sicherlich UNGLAUBLICH teure Ticket bezahlen soll. Jetzt sitze ich also hier in diesem völlig verregneten Montag und sage mir, wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir schaffen das. Ich sehe uns schon einsteigen, kichernd, ich wahrscheinlich als alte Lady mit blaugefärbtem Haar…und wenn wir dann mit einem Glas Prosecco auf unseren gelungenen Coup anstoßen werde ich rufen: Rockn Roll Ladies! und die Bar mit Guns and Roses „Welcome to the Jungle“ beschallen.

ABC Etüde/KW 38.39.21

Der Herbst ist da, es gibt kein Entkommen vor dem Winter. Noch scheint die Sonne, aber das ist auch bald wieder Geschichte, glaubt man der Wettervorhersage. Wenn die usselige Jahreszeit kommt, dann bleibe ich doch auch eher mal im Haus, der Garten hat Pause. Die Wörter für die aktuelle Schreibeinladung von Christiane https://365tageasatzaday.wordpress.com/2021/09/19/schreibeinladung-fuer-die-textwochen-38-39-21-wortspende-von-werner-kastens/ kommen von Werner Kastens. Meine Etüde diese Woche ist nicht wirklich eine Etüde im Sinne einer kleinen Geschichte, dennoch haben die Wörter

Prophezeiung

anständig

verkrümeln

abc.etüden 2021 38+39 | 365tageasatzaday

wunderbar zu meinen Gedanken an diesem Morgen gepasst. Danke an den Wortspender und danke an Christiane, die auf ihrem Blog https://365tageasatzaday.wordpress.com die Etüden hostet und mit Liebe und viel Arbeit am Laufen hält!

Was bleibt

Die letzte Prophezeiung zu den Ergebnissen ist bereits wieder Geschichte. Das Land hat gewählt und obwohl ich hoffe, dass die, die uns regieren werden, anständig sind, bin ich mir doch nicht ganz sicher. Manchmal würde gerne laut hinausrufen: „Welt! Anhalten! Ich will austeigen!“ und mich ganz schnell verkrümeln. In den Weltraum, das Universum oder sonst wohin, wo ich meine Ruhe habe.

Meine Ratio ist aber noch ganz gut in Schuss, deshalb ist mir völlig klar, dass ich trotzdem weitermachen werde, irgendwie. Statistisch bleiben mir noch etwa zweiundzwanzig Jahre auf dem Planeten, die kriege ich auch noch rum. Wenn ich richtig gerechnet habe, kann ich dann noch fünf Mal wählen. Ich hoffe jetzt einfach, dass ich auch eine Wahl habe und uns die Demokratie erhalten bleibt.

Übrigens habe ich mal den Begriff „anständig“ gegoogelt. Die Plattform „openthesaurus.de“ bietet folgende Synonyme an, die für „anständig“ stehen:

anständig · aufrecht · aufrichtig · das Herz am rechten Fleck haben (fig., sprichwörtlich) · ehrbar · ehrlich · fair · geradeheraus · grundanständig · grundehrlich · grundgut · kreuzbrav · lauter · patent · rechtschaffen · redlich · treu · treu und brav · unverstellt · veritabel · wahrhaft · honett (geh.) · lauteren Herzens (geh., veraltend)

Ich versuche gerade, im Politikerportfolio der gestrigen Elefantenrunde eine Figur zu finden, auf die das zutreffen könnte. Mir fällt keiner/keine ein. Das Einzige, was mir einfällt, ist eine Verszeile von Heinrich Heine:

Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht.

Scheint also alles beim Alten zu sein, schließlich wurde das schon im Jahr 1844 veröffentlicht. Was bleibt ist, im eigenen Umfeld das Beste zu geben, aufrichtig zu sein und mir selber treu zu bleiben.